Etwa zwei Drittel aller bösartigen Brusttumore wachsen abhängig von weiblichen Geschlechtshormonen, vor allem von Östrogenen. Sie werden von der Menarche – der einsetzenden Geschlechtsreife – bis zur Menopause – dem Ausbleiben der Regelblutung – in größeren Mengen in den Eierstöcken gebildet. Aber auch andere Gewebe produzieren Östrogene. Die seit den 1970er Jahren verfügbaren Antihormontherapien (auch: „endokrine Therapien“) stoppen oder verlangsamen das Tumorwachstum auf medikamentöse Weise. Nach der Behandlung setzt häufig die Regelblutung wieder ein; die Fruchtbarkeit kann erhalten bleiben.
Der Pathologe stellt mithilfe von Gewebeproben aus Biopsie oder Operation den Hormonrezeptorstatus (HR-Status) der Tumorzellen fest. HR-positive Tumoren sind empfindlich für Östrogen und/oder Progesteron und können dementsprechend durch eine Antihormontherapie im Wachstum gestoppt werden.
Wie die Chemotherapie wirkt auch die Antihormontherapie im gesamten Körper („systemische Therapie“) und bekämpft darum selbst kleinste Tumorabsiedlungen, die mit den heute verfügbaren Möglichkeiten noch nicht entdeckt werden können. Die Heilungsrate kann dadurch um 30 Prozent erhöht werden. Dieser positive Effekt hält auch noch 10 Jahre nach Absetzen der Therapie an. Wichtig dafür ist aber, dass die Behandlung über mindestens fünf bis zehn Jahre fortgeführt wird. Daher sollte auch bei Auftreten von Nebenwirkungen die Behandlung nicht sofort abgesetzt werden, sondern zusammen mit der Ärztin oder dem Arzt beraten werden, wie die unerwünschten Symptome behandelt werden können.
Der Vorteil der antihormonellen Therapie gegenüber der Chemotherapie: Gesunde Zellen werden nicht direkt angegriffen, wenn sich auch der Entzug der Hormonwirkung dennoch auf sie auswirkt. Insgesamt sind Antihormone besser verträglich und können viele Jahre lang eingenommen werden.
Der Östrogenrezeptor-Hemmer Tamoxifen wird vor und nach den Wechseljahren angewendet. Nach einer Operation – in der adjuvanten, ergänzenden Therapie – reduziert er das Risiko für ein Wiederauftreten der Krankheit (Rezidiv). Bei metastasierten Tumoren wird das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt.
Fulvestrant wird derzeit nur bei Frauen eingesetzt, deren Brustkrebs fortgeschritten und/oder metastasiert ist.
Die Tamoxifen-Therapie kann mit Wechseljahresbeschwerden einhergehen: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Übelkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmungen, vaginale Blutungen, Juckreiz an der Scheide, dazu kommen Thrombosen und psychische Beeinträchtigungen. Die Nebenwirkungen von Fulvestrant sind ähnlich, aber weniger stark. Bei Tamoxifen kann es durch die östrogene Restwirkung zudem zu hoch aufgebauter Gebärmutterschleimhaut (Endometriumhyperplasie) und selten auch zu Gebärmutterschleimhautkrebs kommen. Bei älteren Frauen können sich außerdem die Augenlinsen eintrüben (Grauer Star).
Aromatasehemmer unterbinden die Östrogenproduktion im Muskel- und Fettgewebe, nicht in den Eierstöcken. Deshalb sind sie nur für Frauen geeignet, die sich bereits in der Postmenopause, d.h. nach den Wechseljahren befinden.
In Situationen mit hohem Risiko kann ein Aromatasehemmer auch bei prämenopausalen Patientinnen eingesetzt werden. Das muss aber stets in Kombination einer Therapie erfolgen, die die Funktion der Eierstock ausschaltet (entweder mittels GnRH-Analoga oder durch die Entfernung der Eierstöcke), denn die alleinige Gabe von Aromatasehemmern kann die Funktion der Eierstöcke sogar erhöhen. Dabei kann auch von einem steroidalen (Exemestan) auf einen nicht-steroidalen Aromatasehemmer (Anastrozol, Letrozol) gewechselt werden – oder umgekehrt.
Die Nebenwirkungen der Aromatasehemmer ähneln denen der Anti-Östrogene. Unter anderem treten Wechseljahresbeschwerden auf. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie Thrombosen, Schlaganfälle oder bösartige Gebärmuttertumoren kommen nicht gehäuft vor.
Jedoch treten häufiger Beschwerden in Muskeln (sogenannte Myalgien) und Gelenken (sogenannte Arthralgien) auf und die Knochendichte verringert sich (Osteoporose), wodurch es schneller zu Knochenbrüchen kommen kann. Es wird eine Kontrolle der Knochendichte vor Therapiebeginn und danach in regelmäßigen Abständen empfohlen. Zudem sollten Calcium und Vitamin D eingenommen werden. Auch regelmäßige Bewegung und Sport werden empfohlen. Bei Vorliegen einer Osteoporose können weitere Therapien hinzukommen, z.B. die sogenannten Bisphosphonate.
GnRH-Analoga sind für Patientinnen vor den Wechseljahren geeignet. Sie werden in der adjuvanten und der palliativen Therapie eingesetzt, meist in Kombination mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern. Auch zum (eingeschränkten) Schutz der Eierstockfunktion während einer Chemotherapie werden sie im Sinne individueller Abwägungen vor Beginn der Chemotherapie eingesetzt.
Durch den Stopp der Östrogenproduktion in den Eierstöcken wird eine künstliche Menopause (Wechseljahre) hervorgerufen – gefolgt von den typischen Wechseljahresbeschwerden: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, trockene Scheidenschleimhaut, Kopfschmerzen, Depressionen. Länger andauernde Behandlungen können sich auch ungünstig auf die Knochendichte auswirken, sodass die Gefahr von Osteoporose besteht. Hier sind regelmäßige Kontrollen der Knochendichte angezeigt, am besten mit einem sogenannten DXA-Scan.
Im Gegensatz zur Entfernung oder Bestrahlung der Eierstöcke ist die medikamentös ausgelöste Menopause jedoch nicht endgültig. Nach dem Ende der Therapie verschwinden die Wechseljahresbeschwerden und bei den Frauen setzt je nach Alter und Vortherapie (z.B. Chemotherapie) die Regelblutung wieder ein, die Fruchtbarkeit kann erhalten bleiben.
Wenn Patientinnen eine antihormonelle Therapie zusätzlich zur adjuvanten Chemotherapie nehmen, beginnt die Antihormontherapie nach Abschluss der Chemotherapie. Wird eine Strahlentherapie durchgeführt, so kann die antihormonelle Behandlung gleichzeitig begonnen werden.
Die adjuvante Antihormontherapie wird zunächst für fünf Jahre durchgeführt. Studien haben aber gezeigt, dass weitere fünf Jahre endokriner Therapie das Rückfallrisiko weiter senken. Daher sollte die Ärztin oder der Arzt zusammen mit der Patientin prüfen, ob die Behandlung nach fünf Jahren fortgesetzt werden soll bzw. kann. Dies sollte unter Berücksichtigung des individuellen Rückfallrisikos, der aufgetretenen Nebenwirkungen und dem Wunsch der Patientin erfolgen. Eventuell kann ein Wechsel zu einer anderen endokrinen Therapie erwogen werden. Die Wahl der Therapieform muss dabei auch den aktuellen Menopausenstatus der Patientin berücksichtigen.
Bei metastasiertem Brustkrebs wird so lange therapiert, bis die Erkrankung fortschreitet. Ggf. kann dann mit einem anderen Wirkstoff antihormonell weiterbehandelt oder die endokrine mit einer zielgerichteten Therapie kombiniert werden.
Eine Studie belegt die Wirksamkeit von Tai Chi (verbessert die Lebensqualität und Selbstbewusstsein bei Patientinnen mit Mammakarzinom).
Meist lassen sich die Nebenwirkungen der antihormonellen Therapie durch gesunde Ernährung und Sport und Bewegung mildern. Auch eine Begleitmedikation kann sie wirkungsvoll bekämpfen. Wichtig ist allerdings, dass keine Hormonpräparate oder Wirkstoffe eingesetzt werden, die die Effektivität der antihormonellen Therapie mindern können (u.a. Johanniskraut, Sojaprodukte, Antidepressiva). Darum sollte der Einsatz aller Medikamente und auch pflanzlicher Präparate unbedingt mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
Fast jede 2. Frau, die mit Aromatasehemmern (AI) behandelt wird, ist von der Aromatasehemmer- induzierte Arthropathie (AIA) betroffen. Bei etwa 1/3 ist die Lebensqualität so stark eingeschränkt, dass sie den AI nur unregelmäßig einnehmen oder der Therapie ganz abbrechen. Therapieabbruch verschlechtert die Prognose (sowohl das Überleben ohne Fernrezidive als auch das Gesamtüberleben sind verringert). Die Arthralgien setzen typischerweise in den ersten 6 Wochen der Therapie ein und erreichen ihre volle Ausprägung etwa 6 Monate nach Behandlungsbeginn. Oft verbessern sich die Symptome im ersten Jahr oder sie verschwinden vollständig. Charakteristisch sind symmetrische Finger- und Handgelenkschmerzen mit Morgensteifigkeit und verminderter Greifkraft, die sich meist durch Bewegung bessern. Man vermutet, dass die AIA Folge des massiven Östrogenentzugs ist, der die Schmerzwahrnehmung, den Kollagenaufbau, den Knorpelstoffwechsel und die Gelenkflüssigkeit beeinträchtigt. Die Beschwerden KÖNNEN auftreten, sie müssen aber nicht! Nur knapp die Hälfte der Patientinnnen leidet darunter. Die AI-Therapie kann von einem auf einen anderen AI oder auf Tamoxifen umgestellt werden (rund 70 % erfolgreich). Gelenkschmerzen treten unter Tamoxifen sehr viel seltener auf. Diese Umstellung hängt jedoch von der Histologie ab (nicht bei lobulären Tumoren). Kurzfristig symptomatische Schmerztherapie mit Antirheumatika- Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen. Celecoxib, Etoricoxib unter ärztlicher Begleitung wegen Nebenwirkung. Schmerztherapie mit Duloxetin (Antidepressivum) hat sich in Studien als wirksam erwiesen. Prednisolon- Stoßtherapie: für 1 Woche 5 mg Prednisolon täglich (auch nach 2 Monaten noch ein positiver Effekt auf die Gelenkschmerzen bei 1/3 der Patientinnen. Anpassung des Lebensstils, Gewichtsreduktion.
Die CDK 4&6- Hemmer sind für die Behandlung von Hormonrezeptor-positiven HER2- negativen Mammakarzinomen in frühem, fortgeschrittenen oder metastasierten Tumorstadium in Kombination mit Tamoxifen, Aromatasehemmern oder Fulvestrant zugelassen. Diese Medikamentengruppe trägt dazu bei, das Wachstum des Brustkrebses zu verlangsamen, indem sie die Aktivität von CDK4&6 hemmen und somit ein unkontrolliertes Wachsen und Teilen von potenziellen Krebszellen verringert werden. Aktuell sind drei Vertreter dieser Medikamentenklasse in Deutschland zugelassen: Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Durchfälle, Übelkeit/ Erbrechen, Blutbildveränderungen, Infektionen und Haarausfall.
Unter Durchfall versteht man eine Erhöhung der Stuhlgänge unter einer Therapie, wobei es zu drei oder mehr ungeformten Stühlen innerhalb von 24 Stunden kommt. Zur Akutbehandlung wird Loperamid eingesetzt. Der behandelnde Arzt kann eine Dosisanpassung bei persistierenden Beschwerden verordnen. Die Patientinnen müssen auf eine erhöhte Trinkmenge >2l/Tag /Tee, Wasser) achten und kurzfristig auf Koffein, Milchprodukten, Fruchtsäften, frittierten, scharfen, fettigen und balaststoffreiche Lebensmittel verzichten. Pflanzliche Hausmittel wie geriebener Apfel, Flohsamen (indisch), getrocknete Heidelbeeren (bis ca. 50 g/Tag) und Möhrensuppe nach Moro können die Durchfälle minimieren.
Eine Blutarmut kann sich durch eine zunehmende Erschöpfung, Fatigue und Kurzatmigkeit manifestieren. Der betreuende Arzt kann nach einer Laborkontrolle eine Dosisanpassung vornehmen. Es wird das Verzehren von eisenhaltigen Lebensmitteln empfohlen.
Gegen Übelkeit können Kräutertees mit Ingwer, Pfefferminze (Nana-Minze) Bittertee helfen. Akupunktur/Akupressur, progressiver Muskelentspannung nach Jacobson und Aromatherapie mit Zitrusdüften wird eine wohltuende Wirkung zugeschrieben.
Bei Haarausfall (Alopezie) kann eine lokale Therapie mit 2%- Minoxidil Lösung durchgeführt werden.