Die Diagnose einer Krebserkrankung bedeutet immer auch die Konfrontation mit einer potenziell tödlichen Erkrankung. Angst vor Folgen, Therapie, Schmerzen, Hilflosigkeit, soziale Konsequenzen können zu einem seelischen „Schockzustand“ führen. Trotz enormer Fortschritte in der Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen kann Heilung nicht immer erreicht werden. Es fällt sehr schwer, solche Grenzen zu akzeptieren. Das Bedürfnis und die Suche nach „alternativen Methoden“ sind demnach besonders groß, wenn es um die Behandlung chronischer Erkrankungen geht. Der Begriff „alternative Krebstherapie“ ist nicht eindeutig. Er suggeriert, dass außerhalb der heute praktizierten medizinischen Standards eine gleich oder sogar besser wirksame Behandlungsmöglichkeit besteht. Viele als „alternativ“ angepriesene Verfahren entwickelten sich aus medizinhistorischen Theorien zur Ursache von Tumorerkrankungen und lassen sich mit unserem modernen Medizinverständnis nicht vereinbaren.
Der Begriff „alternativer Krebsbehandlung“ bedeutet aber heute für viele Menschen nicht ein „Ersatz“ konventioneller Therapie, sondern der Wunsch, nach ergänzenden, sanften, natürlichen, Menschen zugewandten Behandlungen (komplementäre Behandlung). Diese finden sich im Bereich naturheilkundlicher Therapien, orthomolekularer Therapie oder auch weltanschaulich geprägten eigenständigen Fachrichtungen wie z.B. anthroposophische Medizin, Homöopathie, traditionell chinesischer Medizin (TCM) oder ayurvedischer Medizin. Der Forderung, komplementäre alternative Methoden wissenschaftlich zu erforschen, kommt eine besondere Bedeutung zu. Oftmals entstammen Behandlungsvorschläge und –Methoden erfahrungsheilkundlichen Empfehlungen, was zu einer allgemeinen Therapieempfehlung nicht ausreichend ist. Hier konnten jedoch Fortschritte erzielt werden und Forschungsprogramme wie CAMbrella (europäisches Forschungsförderprogramm) gestartet werden. Viele Universitäten befassen sich zunehmend mit komplementären Verfahren. Ziel ist eine integrative Medizin, die eine bestmögliche Behandlung für den Patienten, gemäß seiner Erkrankung bedeutet und ihm ermöglicht, seine persönlichen Ressourcen zu stärken. Dem Gedanken der Salutogenese (Entstehung von Gesundheit) kommt hier eine besondere Bedeutung zu.
Die Bundesrepublik Deutschland ist in der Nutzung unkonventioneller Therapien marktführend. Die Vermarktung entsprechender Produkte stellt dabei einen großen Wirtschaftsfaktor dar, der Umsatz pro Jahr beträgt ca. 1 Milliarde Euro (im Vergleich dazu: alle angewandten Chemotherapien (Zytostatika) pro Jahr zusammen nur 0,015 Milliarden Euro. (Lindner 1995, Bundesärztekammer 1993)). Ca. 65 % aller betroffenen Menschen greifen zu Naturheilmitteln, die nicht nur Krebsheilung oder -linderung versprechen, sondern deren Indikation scheinbar bei nahezu allen möglichen Symptomen oder Krankheiten gegeben ist. Wir kennen heute ca. 300 verschiedene Arten von Krebserkrankungen. Sie unterscheiden sich dabei ganz erheblich in ihrer Behandlung. Ein „universelles“ Krebsmedikament gibt es weder in der Schulmedizin noch in anderen Verfahren. Die Werbung suggeriert, dass selbst ein Zustand von Gesundheit einer „Behandlung“ bedarf. So werden beispielsweise Vitamine und Spurenelemente unseren Nahrungsmitteln zugesetzt, weil der Konsument dadurch zum Kauf motiviert wird. Gleichzeitig erfolgt jedoch keine kritische Auseinandersetzung bzgl. vieler belastender Faktoren unseres Lebensstils (z.B. Nikotin, Alkohol, Ernährung, Bewegungsmangel, chronische Stressbelastung).
Die onkologische Abteilung der Habichtswald-Klinik besteht seit 1986. Die damalige konventionelle Krebsbehandlung war sehr einseitig orientiert (pathogenetisch). Naturheilkundliche oder andere Therapieansätze wurden pauschal als unwissenschaftlich abgelehnt. Da aber unsere „schulmedizinischen Möglichkeiten“ oftmals nicht heilende Behandlungen waren, bestand und besteht eine große Verunsicherung und auch ein Misstrauen gegenüber konventioneller Medizin. Wir assoziieren oft Begriffe wie unpersönlich, kalt und technokratisch. Der oftmals ausgesprochene Satz „leben Sie wie bisher“, lässt den Patienten allein in seinem Bedürfnis und Wunsch „noch etwas zu tun“. Unser Anliegen ist, eine dem Patienten zugewandte Medizin anzubieten, die wissenschaftliche und komplementäre Medizin verbindet. Neurobiologische Forschungen zeigen, wie sehr sich Körper, Seele und Geist gegenseitig beeinflussen. Neue Betrachtungsweisen von Krankheit und die Definition von Gesundheit, als Zustand vollständigen körperlichen und sozialen Wohlergehens (WHO) prägten dabei von Beginn an unseren ganzheitlichen Ansatz.
Da der medizinische Fortschritt und vor allem das Verstehen tumorbiologischer Abläufe zu modernen Therapiekonzepten führen (z.B. Antikörperbehandlung, zielgerichtete Therapien) und oftmals Heilungserfolge und deutliche Lebensverlängerung erzielt werden, besteht zwar immer weniger das Bedürfnis, nach „alternativen“, also ersetzenden Behandlungen zu suchen. Vielmehr besteht ein Bedarf an ergänzenden, unterstützenden Therapien (komplementäre Behandlung). Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Psychoonkologischen Betreuung zu. Persönliche Strategien im Umgang mit der eigenen Erkrankung zu finden, vorhandene Ressourcen zu stärken, Verbesserung der Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge sind Behandlungsziele.
Eine Krebserkrankung ist immer individuell zu betrachten. Leitlinien zur Behandlung müssen selbstverständlich Beachtung finden, werden aber allein dem Behandlungsbedürfnis des Patienten nicht gerecht. Ca. 600 „Ratschläge“, die wir in Medien zur „alternativen“ oder komplementären Krebsbehandlung finden, verunsichern enorm, können sogar aufgrund von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen gesundheitsschädigend sein. Werden sie als „Ersatz“ für eine konventionelle Behandlung verstanden, kann dies lebensbedrohliche Folgen haben. Unseriöse Diagnose- und Behandlungsverfahren, die die Not des Patienten ausnutzen und ihn finanziell belasten, sind abzulehnen. Auch werden oft teure, aber nicht aussagekräftige Diagnoseverfahren angeboten und sind meist mit dem Verkauf und der Vermarktung bestimmter Produkte verbunden. Gerade die Nutzung des Internets ermöglicht den Zugang zu vielen z.T. sehr guten Informationsquellen, aber leider auch zu unseriösen Quellen mit mangelhafter medizinischer Qualität. (siehe Patienteninformation „Empfehlungen für Informationsanbieter im Internet“). Hier besteht unsere Arbeit in Information und Aufklärung. Komplementäre medikamentöse Behandlungsverfahren kommen bei uns indikationsbezogen zum Einsatz. Das heißt, sie haben ihren Schwerpunkt in der Behandlung von Funktions- und Befindens-Einschränkungen im Rahmen der Krebserkrankung oder als Folgen einer Krebsbehandlung (z.B. Operation, Chemotherapie, Strahlentherapie oder endokrinen Therapie). Sie tragen damit zur Verbesserung der Lebensqualität bei und ermöglichen ein optimales Ausschöpfen unserer eigenen Ressourcen, selbst gegen Bedrohung durch Erkrankung aktiv zu werden und den „inneren Arzt“ zu finden.
Von palliativer Behandlung spricht man, wenn eine Heilung der Krebserkrankung mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht zu erreichen ist. Ziel ist dann, weiteres Tumorwachstum einzugrenzen und die Lebensqualität zu verbessern. Gerade in dieser Situation ist gute Lebensqualität von sehr großer Bedeutung. Verschiedene Studien konnten den Einfluss von Lebensqualität auf die Überlebenszeit, selbst bei einem metastasierten Tumorleiden, zeigen. Die Verbesserung der palliativen ambulanten Versorgung ist hier wesentlich. Der Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Palliativ-care-Versorgung unterstützt den Patienten und nutzt dabei moderne medizinische Möglichkeiten (z.B. Schmerztherapie, Ernährungsmedizin). Ebenso kommen symptomlindernde komplementäre Verfahren zum Einsatz.
Prävention stellt einen weiteren Schwerpunkt in unserer Abteilung dar. Hier besteht das Ziel in der Förderung einer gesunden Lebensweise.
Unser ganzheitliches Konzept bedeutet, den Patienten als Einheit von Körper, Seele und Geist zu sehen. Es umfasst dabei:
Alle Mitarbeiter arbeiten dabei eng zusammen. Es besteht der gemeinsame Anspruch, Behandler für die körperliche und seelische Seite der Erkrankung zu sein. Unser gemeinsam erarbeitetes Leitbild stellt dabei unsere Basis dar.
Die Vielfältigkeit der Therapiemöglichkeiten lässt ein individuelles Behandlungskonzept zu. Viele Jahre onkologischer Behandlung in der Habichtswald-Klinik entsprechend dem ganzheitlichen Konzept, haben zu einem seriösen Einsatz komplementärer Behandlungsverfahren geführt. Aus der Erfahrung, welchen wesentlichen Einfluss gerade das Zusammenwirken verschiedener Behandlungen unter Miteinbeziehung der psychosozialen und spirituellen Bedürfnisse des Patienten auf Genesungsprozesse hat, sind wir motiviert, alle Verfahren bestmöglich zu nutzen. Die Konzentration auf die persönliche Lebenssituation des einzelnen Patienten, seine Ziele, Wünsche, Ängste und Ressourcen sind der Kernpunkt unserer Vision. Sie lebt vom Respekt vor der Einzigartigkeit und Autonomie eines jeden Menschen.
Aufnahme
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