Bisphosphonate

Bisphosphonate

Wirkungsvolle Therapie: Bisphosphonate gegen Knochenschwund

Ursprünglich wurde die chemische Substanz als Waschmittelzusatz verwendet, bevor ihre therapeutische Wirkung entdeckt wurde.

Bisphosphonate gehören zu einer Medikamentengruppe, die seit den 1980er Jahren zur Therapie von Knochen- und Calciumstoffwechselerkrankungen weiterentwickelt wurde. Chemisch handelt es sich um Salze der Phosphorsäure (Diphosphonat). Diese führen zu einer vermehrten Einlagerung von Kalzium in den Knochen und damit zur Knochenstabilisierung. Es können auch Stoffwechselfunktionen der verschiedenen Bindegewebszellen des Knochens beeinflusst werden. Dadurch ergeben sich folgende Indikationen:

  • Einsatz bei Osteoporose
  • Wachstumsunterdrückung von Tumorzellen im Knochen
  • Verhinderung von Osteolysen (Knochenauflösung)
  • Senkung eines erhöhten Kalziumspiegels (Hyperkalzämie)

Bei Tumorerkrankungen stellt die Entwicklung einer Osteoporose ein Problem dar. Unter dem Einfluss vieler Medikamente ist der Knochenaufbau behindert. Hierzu gehören Hormonentzugsbehandlungen (z. B. Gabe von Aromatasehemmer bei Brustkrebs, Hemmung der Geschlechtshormonwirkung des Mannes bei Prostata-Ca) oder eine längere Behandlung mit Glukocortikoiden. Tumorbedingte Veränderungen des Stoffwechsels und Mangelernährung können ebenfalls eine Osteoporose begünstigen. Ist das Osteoporose-Risiko aufgrund der Erkrankung und Behandlung erhöht, sollte eine Knochendichtemessung zur Beurteilung und ggf. Verlaufskontrolle erfolgen. Reichen Maßnahmen wie die Gabe von Kalzium und Vitamin D3 sowie Bewegungstraining nicht aus, kommen Bisphosphonate zum Einsatz.

Einige Studien weisen darauf hin, dass Bisphosphonate die Entstehung von Metastasen, insbesondere des Knochens, hemmen. Der präventive Einsatz ist daher bei besonderer Indikation möglich (z. B. hohes Rezidiv- oder Metastasierungsrisiko bei Brustkrebs).

Osteoklasten, die zum Knochenabbau führen, werden gezielt gehemmt. Andererseits wird aber auch die Mineralisation beeinflusst, was zu unerwünschten Nebenwirkungen führt.

Durch eine Tumorerkrankung kann es, besonders bei Knochenmetastasen, zu einer lebensbedrohlichen Erhöhung des Kalziumspiegels kommen, der durch eine Bisphophonatgabe gesenkt werden kann.  Bisphosphonate werden im Magen-Darm-Trakt schlecht resorbiert, sie gehen mit Kalzium einen unlöslichen Komplex ein. Nach oraler Einnahme werden nur zwischen 1 und 10 % aufgenommen. Daher ist es besonders wichtig, die Einnahmevorschriften genau zu beachten (morgens, nüchtern, getrennt von anderen Medikamenten, 30 Minuten vor dem Frühstück). Deshalb erfolgt zur Behandlung von Knochenmetastasen die Gabe intravenös.

Verschiedene Substanzen stehen zur Diagnostik und Therapie zur Verfügung:

  • Alendronsäure zur Osteoporosebehandlung
  • Ibandronsäure, Zolendronsäure, Pamidronsäure, Clodronsäure zur Behandlung von Knochenmetastasen
  • HEDP, DPD zur Diagnostik (Skelettszintigraphie)

Es können folgende Nebenwirkungen auftreten:  

Bei oraler Einnahme können Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Sodbrennen und Durchfall auftreten. Es kann zu einer Verminderung des Kalziumspiegels im Blut kommen.  Die Folge sind Gefühlsstörungen im Mundbereich und Unwohlsein bis zum Kollaps. Eine sehr ernst zu nehmende Nebenwirkung sind bisphosphonatassoziierte  Kieferknochennekrosen.  Die verstärkte Wirkung am Kieferknochen erklärt sich durch die ca. 20-mal höhere Umbauaktivität gegenüber dem übrigen Skelett. Sanierungsbedürftiger Zahnstatus und bestimmte Zahnbehandlungen erhöhen das Risiko, sodass vor einer geplanten Behandlung Zähne, Zahnwurzeln und Zahnfleisch gesund sein sollten. Auch Nierenfunktionsstörungen können auftreten. Nach langfristiger Gabe kann sogar die Bruchgefahr des Knochens erhöht sein.

Bisphosphonate sind ein wichtiger Bestandteil einer Krebsbehandlung, insbesondere in der palliativen Situation. Aufgrund ihres Nebenwirkungsspektrums muss die Indikation streng gestellt werden. Die therapeutische Anwendung, Fortschreiten einer Tumorerkrankung zu verhindern und damit der präventive Einsatz von Bisphosphonaten, erfordert noch weitere Studien.

Ein weiterer Therapieansatz stellt der Einsatz von monoklonalen Antikörpern dar (Denosumab, Prolia® XGEVA®). Ein von Knochenzellen gebildetes Protein (RANKL) überträgt Signale von Osteoblasten (aufbauende Zellen) zu Osteoklasten (abbauende Zellen). Werden Osteoklasten stimuliert, kommt zu vermehrtem Knochenabbau. Die Gabe des Antikörpers unterdrückt diesen Mechanismus. Die Effekte von Osteoprotegerin (OPG), die die Intensität der abbauenden Mechanismen regeln, werden erhöht.  Indikation für den Einsatz von Denosumab sind Osteoporose oder Knochenmetastasen aufgrund solider Tumoren. Nebenwirkungen sind Verminderung des Kalziumspiegels im Blut, Kieferknochennekrosen, Harnwegsinfekte, Atemwegsinfekte, grauer Star, Verstopfung, Hautausschlag und Gelenkschmerzen.

Bisphosphonat- bzw. Denosumab-Therapie bzgl. Kieferosteonekrose 

Unter einer Bisphosphonat- bzw. Denosumab-Therapie kann es zu negativen Auswirkungen auf den Knochen im Kieferbereich kommen. Die Osteonekrose ist ein seltener Zustand unter dieser Therapie. Die Ursachen oder auch die Häufigkeit dieser gravierenden Nebenwirkung sind bisher nur unvollständig geklärt.

Hauptrisikofaktoren sind Durchführung zahnchirurgischer Eingriffe oder Entzündungen im Bereich des Kieferknochens.

Vor oder zu Beginn einer solchen Behandlung sollten zahnärztlich daher dringend folgende Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Klinische und röntgenologische Untersuchung der Zähne und des Kiefers, Parodontose-Behandlung
  • Optimierung von vorhandenem Zahnersatz
  • Instruktion zur Zahnhygiene
  • Professionelle Zahnreinigung
  • Zahnsanierung im Rahmen einer Fokussanierung

Wenn möglich, sollten alle zahnchirurgischen Interventionen mind. sechs Wochen vor Therapiebeginn mit Bisphosphonaten oder Denosumab schonend durchgeführt werden. Nach Zahnextraktionen sollte die Wundheilung abgeschlossen sein.

Auch unter Therapie von Bisphosphonaten oder Denosumab können Zahnextraktionen bei den folgenden Indikationen erforderlich sein:  

  • Zahnlockerung
  • Rezidivierende Abszesse
  • Ausgedehnte periapikale oder periradikuläre Läsionen  

Falls eine Intervention nicht vermieden werden kann, sollte eine antibiotische Abschirmung mit Amoxicillin/Clavulansäure (3x 500/125 mg pro Tag, z. B. Augmentan® drei Tage vor und zehn Tage nach Extraktion) erfolgen. Bei bestehender Penicillin-Allergie kann alternativ Clindamycin 3x 600 mg pro Tag verwendet werden.

Bitte informieren Sie Ihren Zahnarzt, dass eine Bisphosphonat- oder Denosumab-Therapie bei Ihnen durchgeführt wird. Sollten Anzeichen für Kieferosteonekrosen bestehen, ist die Vorstellung in einer speziellen Kieferosteonekrose-Sprechstunde zur bestmöglichen Versorgung indiziert. Ihr Zahnarzt wird sie informieren, welche Behandlungsstelle am Heimatort diese durchführt.