Eine Möglichkeit der Behandlung von Leukämien und Lymphomen ist die Stammzelltransplantation. Hierbei wird das erkrankte Knochenmark eines Patienten durch gesunde Zellen ersetzt. Diese Zellen stammen von einem passenden Spender oder seltener vom Patienten selbst und werden - anders, als der Name vermuten lässt - nicht durch eine Operation, sondern durch Transfusion übertragen. Zuvor müssen jedoch die erkrankten Zellen des Patienten durch eine starke Chemotherapie und Bestrahlung getötet werden, bei der auch gesunde Zellen des Patienten zerstört werden.
Leukämien und verwandte Erkrankungen werden im Allgemeinen mit einer Chemotherapie behandelt. Manchmal ist solch eine medikamentöse Behandlung aber nicht ausreichend, um alle erkrankten Zellen zu zerstören. Dies gilt z.B. für
In diesen Fällen stellt die Übertragung von gesunden Blutstammzellen häufig die einzige Überlebenschance dar.
Blutstammzellen können entweder von einem geeigneten Spender (allogen) oder vom Patienten selbst (autolog) stammen. Sie können durch eine Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm (Knochenmarktransplantion) oder durch Aufreinigung aus dem Blut gewonnen werden (peripheren Blutstammzelltransplantation). Nach der Übertragung auf den Patienten wandern die Stammzellen in das Knochenmark und beginnen dort nach einiger Zeit mit der Bildung neuer, gesunder Blutzellen.
Voraussetzung für eine Stammzelltransplantation ist, dass die Gewebemerkmale auf der Oberfläche der Blutzellen von Spender und Patient übereinstimmen oder sich zumindest sehr stark ähneln. Nur so kann die Gefahr einer Transplantatabstoßung bzw. einer Abwehrreaktion des gespendeten Knochenmarks gegen den Organismus des Patienten (Graft-versus-Host-Disease, GvHD) minimiert werden. Die Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger wird vorab durch Blutuntersuchungen im Labor bestimmt (Typisierung). Bei Geschwistern (Familienspender) besteht eine Chance von 25 %, dass diese sogenannten HLA-Merkmale übereinstimmen. Die Möglichkeit, im weiteren Familienkreis einen passenden Spender zu finden, ist dagegen genauso hoch wie in der übrigen Bevölkerung. Wird kein passender Familienspender gefunden, besteht eine 80 %ige Chance, über nationale und internationale Register einen freiwilligen Fremdspender zu finden.
Die Stammzelltransplantation setzt sich aus zwei Phasen zusammen, der Konditionierung und der eigentlichen Transplantation.
Um alle Leukämiezellen abzutöten, erhält der Patient zunächst eine sehr starke (intensive) Strahlen- und Chemotherapie. Dabei werden auch die gesunden Knochenmarkzellen zerstört, sodass keine eigene Blutbildung mehr stattfinden kann (Aplasie). Diese Vorbereitung auf die eigentliche Übertragung, die als Konditionierung bezeichnet wird, ist nur möglich, wenn im Anschluss sofort gesunde Stammzellen zur Transplantation verfügbar sind.
Nach der Konditionierung erhält der Patient - als Ersatz für das zerstörte eigene Knochenmark - die Stammzelltransplantation durch Transfusion über eine Vene.
Bei einer allogenen Stammzelltransplantation werden Zellen eines gesunden Spenders übertragen. Dies kann ein Familienmitglied oder ein passender Fremdspender sein, der mithilfe von nationalen und internationalen Registern für Knochenmarkspender gefunden werden kann.
Wenn kein Familien- und kein Fremdspender gefunden wird, können auch die eigenen Stammzellen des Patienten entnommen und nach einer Aufreinigung von malignen Restzellen sofort oder nach Jahren für eine autologe Stammzelltransplantation verwendet werden.
Eine Stammzelltransplantation ist eine sehr effektive, aber auch belastende und risikoreiche Therapie, weshalb sie nur in spezialisierten Kliniken mit besonderer Ausstattung durchgeführt wird. Die Entscheidung, ob und wenn ja, in welcher Art eine Stammzelltransplantation infrage kommt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: von der Art der Leukämie, dem Stadium der Erkrankung, dem Alter des Patienten, möglichen Begleiterkrankungen und den Prognosefaktoren. In klinischen Studien wird deshalb geprüft, für welche Patienten welche Art der Stammzelltransplantation geeignet ist.
Nach der Stammzelltransplantation ist in den ersten Monaten mit erhöhten Infektanfälligkeit bis zur vollständigen Immunrekonstitution zu rechnen. Es werden regelmäßig bestimmte körpereigene Abwehrstoffe (Immunglobuline) infundiert. Zur Vorbeugung einer bestimmten Form der Lungenentzündung wird zeitweise ein bestimmtes Antibiotikum (Cotrim) gegeben. Bei etwa 1/3 der allogen transplantierten Patient*innen tritt eine GvHD in unterschiedlichem Ausmaß auf. Sie tritt dann ein, wenn Immunzellen des Spenders, die bei der Transplantation übertragen werden, die Zellen des Empfängers erkennen und darauf reagieren. Man unterscheidet eine „akute“ von einer „chronischen“ GvHD. (a) Die akute GvHD Sie kann wenige Tage bis zu drei Monaten nach Transplantation auftreten und macht sich hauptsächlich an Haut, Leber und/oder Darm des Patienten bemerkbar. Die Symptome sind Hautrötungen, Hautjucken und in schweren Fällen Blasenbildung an der Haut; leichte bis schwere Durchfälle bei Darmbeteiligung; Veränderungen der Leberfunktion, die in leichten Fällen nur durch Labortests nachzuweisen sind, jedoch in schweren Fällen die Leberfunktion stark beeinträchtigen können. Die Mehrzahl der akuten GvH-Reaktionen verlaufen leicht und verschwinden wieder vollständig. (b)die chronische GvHD von einer chronischen GvHD spricht man, wenn nach mehr als drei Monaten nach Transplantation noch Zeichen der GvHD fortbestehen, oder aber (seltener) diese neu auftreten. Sie ist nicht so häufig wie die akute GvHD und zeigt ein ganz anderes Bild. Die chronische GvHD ähnelt rheumatischen Erkrankungen und führt neben bindegewebigen Entzündungs- und Schwellungszuständen häufig zu einer verminderten Speichel- und Tränenflussproduktion. Die Leber- oder Lungenfunktion kann ebenfalls beeinträchtigt sein. Auch bei der chronischen GvHD überwiegen die leichten Verläufe, die nach einiger Zeit wieder abklingen. Auch hier gibt es jedoch gelegentlich schwere und schwerste Verlaufsformen. Solange eine chronische GvHD besteht, ist zugleich immer auch die körpereigene Abwehr (Immunität) beeinträchtigt. Daher sind dann bestimmte zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen erforderlich, um Infektionen vorzubeugen. (c) die GvHD-Prophylaxe um zu verhindern, dass eine GvHD auftritt, werden verschiedene Medikamente gegeben, die manchmal auch vorübergehend Probleme machen können. Bei lang andauernder Verabreichung können diesem zu hohen Blutdruck, eingeschränkter Nieren- und Leberfunktion, verstärkter Körperbehaarung und Magenproblemen führen; auch ist die Abwehr gegen Infektionskrankheiten herabgesetzt. Zur Diagnose einer GvHD muss manchmal eine Biopsie durchgeführt werden, am häufigsten von der Haut.
Tritt eine GvHD auf, muss sie (ab einem bestimmten Schweregrad) mit Medikamenten behandelt werden. Dabei haben sowohl die GvHD selber, als auch die Medikamente, die zu ihrer Therapie eingesetzt werden, die Wirkung, dass die Funktion der Abwehrzellen beeinträchtigt wird. Wegen des dann erhöhten Infektionsrisikos sind entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Es hat sich gezeigt, dass Patienten mit einer Leukämie, die nach einer Stammzelltransplantation eine GvHD bekommen hatten, seltener einen Rückfall ihrer Leukämie bekamen. Die GvHD kann also auch von Nutzen sein.
Ihre Krankheit und die damit verbundene Transplantation führen dazu, dass Sie zumindest zeitweise aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden. Natürlich ist es unser Ziel, dass Sie nach der Transplantation wieder in Ihr altes Leben zurückfinden. Durch die „Pause“ im Berufsleben entstehen gelegentlich Fragen im Zusammenhang mit Krankenkassen, Rentengebern, Arbeitgebern und Sozialkassen, die für Sie neu sind.
Die seelische Auseinandersetzung mit schweren Krankheiten und aufwendigen Therapien beschäftigt viele Patienten auch noch nach der Transplantationsphase. Oft tritt die Verarbeitung der Ereignisse erst verzögert in den Vordergrund. Aus diesem Grund gibt es die Möglichkeit, mit einem Psychotherapeuten zu sprechen.
Im Zusammenhang einer Erkrankung ergeben sich oftmals auch persönliche oder soziale Probleme. Wir bieten Ihnen Rat und Hilfe bei sozialen Fragen und Problemen. Vielleicht benötigen Sie noch Unterstützung zu Hause. Der Bedarf an Hilfeleistungen ist dabei sehr unterschiedlich. Um Ihnen zu helfen, genau Ihren persönlichen Versorgungsbedarf abzudecken, gibt es in der Habichtswald-Klinik das Angebot der Sozialberatung.
Unser Behandlungskonzept ist ganzheitlich orientiert, d.h. Körper, Geist und Seele werden gleichermaßen angesprochen und unterstützt. So soll durch unsere Behandlungsangebote eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität erreicht werden. Viele Therapieangebote ganzheitlich orientierter Medizin zielen nicht direkt auf die Zerstörung von Tumorzellen, sondern stärken die körpereigenen Kräfte und fördern so die Gesundung (Salutogenese).
Vorträge zu Krebsentstehung, komplementär begleitenden Therapien sowie Angstbewältigung helfen ebenfalls, das Geschehen einzuordnen. Themen wie Salutogenese, die Bedeutung von Bewegung bei Krebserkrankung u.a. richten den Blick mehr in die Zukunft und zeigen Ansätze auf für mehr Selbstfürsorge.
Das durch Therapien geschwächte Immunsystem soll gezielt gestärkt werden, auch hier kommen parallel verschiedene Verfahren zur Anwendung aus dem Bereich der Psychoonkologie, Krankengymnastik und Massage, ergänzt durch gesunde vollwertige Ernährung, die an den Anforderungen bei immunsupprimierten Patient*innen individuell mit unseren Ernährungsberaterinnen abgestimmt werden.
Bei der Diagnose Krebs taucht bei vielen Patienten die Frage nach dem Sinn auf. Hier bietet unsere Klinik einzigartige Möglichkeiten, auf freiwilliger Basis verschiedene Angebote zu nutzen, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Hierzu gehören vorbereitend
Entspannungsverfahren und ein nicht konfessionell gebundenes spirituelles Angebot.
Zur Wiedererlangung der eigenen Kräfte und Freude am eigenen Schaffen bieten wir zur freiwilligen Teilnahme ein kreatives Angebot.
Patienten, die mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen in unser Haus kommen, werden umfassend und vertrauensvoll über das Für und Wider jedes Behandlungsschrittes sorgfältig in Gesprächen zwischen Arzt und Patient aufgeklärt.
Die Behandlung von Schmerzen ist vorrangiges Ziel einer interdisziplinären Arbeitsgruppe von Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten und Psychoonkologen.
Sollten Sie unter GvHD leiden, bekommen Sie bei uns die erforderlichen pflegerischen Maßnahmen, die mit unserem hämatoonkologisch erfahrenen Ärzteteam individuell abgestimmt werden.