Mineralstoffe und Spurenelemente

Mineralstoffe & Spurenelemente

Mineralstoffe und Spurenelemente in der Onkologie

Die Wissenschaft kennt 23 Mineralstoffe, die im Körper Funktionen übernehmen. Sie gelangen dabei über Nahrung und Wasser in unseren Organismus und machen nur rund 0,01 % der Körpermasse aus. Man unterscheidet Mengenelemente wie Calcium, Kalium, die wir in Gramm oder Milligrammdosen benötigen, von Spurenelementen, die im Mikrogrammbereich dosiert werden.

Manche Mineralstoffe sind Bestandteile von Hormonen (z.B. Jod beim Schilddrüsenhormon), andere befinden sich in einem funktionellen Regelkreis und beeinflussen einander, wie bei der Nervensignalleitung oder sie sorgen für Elektroneutralität in den Körperflüssigkeiten zwischen den Geweben. Damit erhalten sie den osmotischen Druck aufrecht. Sie sind ebenso wie die Vitamine essenziell.

Mangelzustände kommen bei einer ausgewogenen, vollwertigen Ernährung nicht vor.

Leider finden sich Spurenelemente auch als Zusätze in Nahrungsmitteln. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat so zum Beispiel den Zusatz von Kupfer und Mangan nicht empfohlen, da sich in Studien bei „Überversorgung“ eine erhöhte Sterblichkeit zeigen konnte. Leider halten sich einige Hersteller nicht daran. Viele Multivitaminpräparate enthalten diese Zusätze. Ebenfalls konnte sich zeigen, dass eine erhöhte Zinkaufnahme das Risiko vorzeitig zu sterben, um drei Prozent erhöht. Auch Phosphat findet sich oft als Zusatzstoff.

Folgende Auflistung gibt einen Überblick. Sie ist jedoch nicht vollständig, sondern erfasst nur die wesentlichsten Faktoren.

Mengenelemente

Calcium

Quelle: Milchprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte
Funktion: Knochenaufbau, Blutgerinnung, Reizweiterleitung von Nerven- und Muskelzellen,
die Regulation der Calciumaufnahme erfolgt über die Nebenschilddrüse
Mangel: Muskelkrämpfe, Knochenabbau, Schäden an Haut, Zähnen, Nägel
Überschuss: Gefäßverkalkung, Herzinfarkt, Nierensteine

Kalium

Quelle: Gemüse, Kräuter, Hülsenfrüchte, Nüsse
Funktion: Regulation des Wasserhaushaltes, Reizweiterleitung von Nerven- und Muskelzellen, Energiegewinnung
Mangel: Funktionsstörung des Herzens, Störung des Säure/Base Haushaltes
Überschuss: Herzrhythmusstörungen, Muskelschwäche

Magnesium

Quelle: Vollkorn-, Milchprodukte, Geflügel, Fisch, Hülsenfrüchte, Bananen
Funktion: Aufbau von Knochen, Zähne, Informationsübertragung von Nerven zur Muskulatur, Aktivierung vieler Enzyme
Mangel: Muskelkrämpfe
Überschuss: Durchfall

Phosphor

Quelle: Fleisch, Wurst, Milchprodukte, Brot, Eier
Funktion: Energieüberträger, Aufbau der Zellmembran, Bestandteil der Erbinformation (DNS)
Mangel: Kommt selten vor
Überschuss: Durch Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln kann der Calciumhaushalt beeinflusst werden, Knochenabbau, fraglich, durch Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln kann der Calciumhaushalt beeinflusst werden, Knochenabbau, fraglich Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADHS)

Natrium und Chlorid

Quelle: Wurst, Käse, Würzmittel, Brot
Funktion: Erregbarkeit von Nerven und Muskeln, Regulation des Wasserhaushaltes, Nahrungsverwertung
Mangel: Schwäche, Bewusstseinsstörung
Überschuss: Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Herz- und Nierenschäden

Spurenelemente

Chrom

Quelle: Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Nüsse
Funktion: Beeinflusst die Insulinaktivität und damit den Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel, Enzymaktivierung
Mangel: Störung der Zuckerverwertung
Überschuss: Vergiftungen nur in hohen Dosen (beruflicher Umgang mit Chromsäuren oder –salzen)

Eisen

Quelle: tierische Lebensmittel, Hülsenfrüchte
Funktion: Blutbildung, Immunstärkend, Gehirnentwicklung
Mangel: Erschöpfung, Leistungsabfall, Blutarmut
Überschuss: Zellschädigung durch Ablagerungen im Gewebe

Fluorid

Quelle: Seefisch, oft Lebensmittelzusatz
Funktion: Knochenstabilität, Zahngesundheit
Mangel: Verminderte Zahnhärtung
Überschuss: Zahnverfärbungen

Jod

Quelle: Seefisch, Milch, Eier, jodiertes Salz
Funktion: Bestandteil der Schilddrüsenhormone, Regulation des Energiehaushalts und Stoffwechsels
Mangel: Schilddrüsenunterfunktion
Überschuss: Schilddrüsenüberfunktion

Kupfer

Quelle: Getreide, Fisch, Kaffee
Funktion: Energiegewinnung, Bestandteil vieler Enzyme, Blutbildung
Mangel: Blutarmut, erhöhte Knochenbrüchigkeit
Überschuss: Schädigung der Darmflora

Mangan

Quelle: Getreide, Reis, Nüsse, Spinat, Erdbeeren
Funktion: Knorpelbildung, Bestandteil vieler Enzyme
Mangel: Wachstumsstörungen
Überschuss: Nervenschädigung

Molybdän

Quelle: Hülsenfrüchte, Nüsse
Funktion: Enzymaktivator
Mangel: Karies, Nervenschäden
Überschuss: Gelenkentzündungen

Selen

Quelle: Fleisch, Fisch, Eier, Nüsse
Funktion: Bestandteil von Enzymen, „Entgiftung“, Immunstärkend
Mangel: Störungen der Muskel- und Herzfunktion
Überschuss: Behinderung der Jodaufnahme, Begünstigung von Diabetes

Zink

Quelle: Geflügel, Fleisch, Eier, Käse, Milch, Vollkorn-Produkte
Funktion: Immunstärkend, aktiviert Enzyme und Hormone, stabilisiert die Zellmembran, verbessert Wundheilung, Entwicklung von Spermien und Eizellen
Mangel: Appetitlosigkeit, Wachstumsverzögerung, Entzündungen, schlechte Wundheilung
Überschuss: Behinderung der Aufnahme von Kupfer und Eisen

Ein Mangel an Mineralien / Spurenelementen kann bei onkologischen Patienten ebenso wie der Mangel an Vitaminen vorkommen.

Gründe können sein:

  • Parenterale (durch die Vene) Ernährung: Vitamine und Spurenelemente müssen zwingend zugesetzt werden
  • Appetitstörungen, Kachexie (einseitige Ernährung, Untergewicht)
  • Störungen der Nahrungsaufnahme: Veränderungen im Magen-Darm-Trakt durch Operationen.
  • Störungen der Nahrungsverwertung:
  • Veränderungen der Darmflora (Antibiotika-, Chemo-, Strahlentherapie)
  • Veränderung der Darmmotorik
  • Verlust von Nährstoffen (Durchfall/Erbrechen)
  • Erhöhter Bedarf an Nährstoffen (nach Chemo- oder Strahlentherapie)

Sollte eine medikamentöse Substitution notwendig sein, muss dies in der Regel durch Laboruntersuchungen überprüft werden. Besondere Bedeutung hat in der Onkologie das Spurenelement Selen.

In der Onkologie wird Selen zur Primär- und Sekundärprävention von Tumoren, zur Minimierung von Nebenwirkungen durch Chemo-  und Strahlentherapie und zur Therapie von Lymphödemen eingesetzt. Aufgrund seiner Eigenschaft, mit Schwermetallen Bindungen einzugehen, wird die Seleneinnahme auch im Zusammenhang mit Umweltgiften diskutiert (z.B. Quecksilberbelastung bei Entfernung von Amalgamfüllungen).

Folgende Wirkungen werden postuliert:

  • Chemopräventive Wirkung
  • Antioxidatives Potenzial
  • Hemmung der Proliferation (Wachstum) von Tumorzellen
  • Genregulation (u.a. Inaktivierung von Onkogenen)
  • Induktion der Apoptose (kontrollierte Zellselbstzerstörung)
  • Angiogenesehemmung (Wachstum von Blutgefäßen zur Tumorversorgung)
  • Regulation von Androgen und Östrogenrezeptoren
  • Radioprotektive Wirkung
  • Stabilisierung des Immunsystems, Aktivierung von Killerzellen
  • Aktivierung von Zytochrom P-450 (dient der Oxidation vieler körpereigener und körperfremder Substanzen (z.B. Arzneimittel), verbesserte Metabolisierung (Verstoffwechselung) von Karzinogenen
  • Therapeutische Wirkung bei der Behandlung des Lymphödems

Selen beeinflusst die Aktivität verschiedener Enzyme. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Selen als Co-Faktor des Enzyms Glutathion-Peroxidase zu. Dieses Enzym verhindert das Entstehen von aggressiven Verbindungen aus unserem Stoffwechsel (Fettabbau). Damit wird die DNA-schädigende Wirkung dieser Stoffe („freie Radikale“) vermindert.

In vitro Untersuchungen konnten zeigen, dass Selen zu einer Wachstumshemmung von Tumorzellen und zur Induktion der Apoptose führt.

Die Gabe von Selenit (anorganisches Selen) während einer Chemotherapie ist umstritten, insbesondere bei Chemotherapeutika, die über Radikalbildung tumorschädigend wirken. Eine Wirkungsabschwächung wäre möglich. Andererseits führt Selengabe bei einigen Zytostatika zu einer Wirkungsverstärkung (5-FU, Irinotecan, Oxaliplatin, Taxol, Adriamycin). Möglicherweise kann die Resistenz von Tumorzellen gegenüber Zytostatika verhindert werden. Speziell in der Kombination mit Cisplatin ergeben sich protektive Mechanismen  (Nierenschädigung). Auch die herzschädigende Wirkung von Adriamycin konnte durch Selengabe reduziert werden.

Selengabe kann Ödembildung (Lymphödem nach Operation/ Strahlentherapie oder andere sekundäre Ödeme) positiv beeinflussen.

Die bisherigen Studien konnten zeigen, dass sowohl in der Krebsprävention als auch in der onkologischen Therapie das Erreichen eines optimalen Serumspiegels (110-130 µg/l) wichtig ist. Bei einer suboptimalen Versorgung wird das gesundheitsfördernde Potenzial der o.g. Wirkweise über die selenabhängigen Enzyme nicht ausgeschöpft. Die Dosierung ist abhängig von der Indikation. Zur Primär- und Sekundärprävention werden 100-300 µg/l verabreicht. Zu beachten ist, dass Selen in hohen Dosen toxisch ist (Selenosis: u.a. „Knoblauchgeruch“, Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit, Hautekzeme, Haarausfall). Daher sollten bei einer längerfristigen Seleneinnahme regelmäßige Blutspiegelkontrollen (2-3x/Jahr) erfolgen.  Unterschiedliche Selen-Präparate stehen zur Verfügung. Um eine optimale Aufnahme zu ermöglichen, müssen die entsprechenden Einnahmeempfehlungen (nüchtern) beachtet werden.

Ratgeber zur Primär- und sekundärer Krebsprävention empfehlen sehr häufig auch pauschal die Zufuhr von Nahrungsergänzungsstoffen. Das kann jedoch auch gesundheitsschädigend sein. Viele Faktoren beeinflussen unseren Stoffwechsel, aktivieren Enzyme, die als „Reaktionsbeschleuniger“ uns unter anderem bei der „Entgiftung“ unterstützen. Bislang konnte kein Nachweis erbracht werden, dass ein genereller Einsatz von Nahrungsergänzungstoffen vorteilhaft ist. Leider suggerieren hier auch ansprechende Broschüren Gegenteiliges. Auch werden oftmals umfangreiche, teure Laboruntersuchungen angeboten. Unser Stoffwechsel ist keine statische Größe. Viele Prozesse unterliegen einer Rhythmik und die Erfassbarkeit und Interpretation von Laborparametern ist dadurch erschwert.

Greifen Sie nicht unkritisch zu Nahrungsergänzungsstoffen, auch wenn Werbung und Ratgeber dazu verleiten. Lassen Sie sich seriös und individuell beraten. Sollte eine Substitution erforderlich sein, nehmen sie hochwertige Präparate und lassen sie prüfen, ob die optimierte Versorgung auch zu einer nachweisbaren Verbesserung führt.

Essen Sie ausgewogen und abwechslungsreich, bunt und frisch, 5 Portionen Obst und Gemüse pro Tag, investieren Sie in qualitativ gute Nahrungsmittel. Essen Sie mit Freude und genießen guten Geschmack. Gesundes Essen trägt zur Lebensfreude und Wohlbefinden bei und stärkt somit unsere Widerstandskräfte.