Enzyme sind Stoffe, die eine oder mehrere biochemische Reaktionen katalysieren (in Gang setzen). Sie haben wichtige Funktionen im Stoffwechsel. Sie beschleunigen biochemische Reaktionen, indem sie die nötige Energie zur Aktivierung herabsetzen, damit eine Stoffreaktion stattfinden kann. Sie steuern nicht nur die Verdauung, sondern auch die Transkription (Übertragung) und Replikation (Vervielfältigung) der Erbinformation. Dabei sind sie so spezialisiert, dass sie nur ganz bestimmte Prozesse steuern (Schlüssel-Schloss-Prinzip = Wirkspezifität).
Fast alle Enzyme sind Proteine (Eiweiße), die aus Aminosäuren bestehen. Die Anordnung der Aminosäuren wiederum wird durch die Erbsubstanz (DNA) festgelegt. Veränderungen (Mutationen) in der Erbsubstanz können daher zu Funktionsstörung oder -verlust von Enzymen führen.
Im lebenden Organismus wirken Enzyme in einem komplexen Geflecht von Stoffwechselvorgängen zusammen. Eine feine Regulation und Anpassung an wechselnde Umweltbedingen findet ständig statt. Es gibt kurzfristige, mittelfristige und langfristige Regulations- und Kontrollvorgänge. Eine wesentliche Rolle spielen dabei unsere Hormone.
Wichtige Verdauungsenzyme sind Lipase (Fettverdauung), Amylase (Kohlehydratverdauung) und Trypsin/Chymotrypsin (Eiweißverdauung). Dabei stellt besonders die Bauchspeicheldrüse viele Verdauungsenzyme her, ohne die die Nahrung nicht verwertet werden kann. Bei funktionellen Störungen oder nach operativer Entfernung der Bauchspeicheldrüse müssen diese durch Medikamente (z.B. Kreon®) ersetzt werden.
Eine andere Indikation der Enzymtherapie ergibt sich bei Entzündungsprozessen. Hier werden pflanzliche Enzyme eingesetzt, die Eiweiß spalten (proteolytisch). Häufige Verwendung findet dabei Bromelain, ein Enzymgemisch aus der Ananaspflanze oder Papain aus der Papaya-Frucht.
Verschiedene Mechanismen konnten nachgewiesen werden:
Dadurch bedingt haben diese pflanzlichen Enzyme einen antiinflammatorischen (entzündungshemmenden) und antiödematösen Effekt.
Bromelain wirkt bei der Behandlung von Weichteilverletzungen günstig. Daher werden sie auch bevorzugt in der Sportmedizin bei Prellungen oder Blutergüssen eingesetzt.
Durch die immunmodulierenden Eigenschaften werden Enzyme auch in der Tumortherapie eingesetzt. Kleine klinische Studien und Tierversuche konnten zeigen, dass Tumorprogression und -metastasierung vermindert wurde und es zu einer Verlängerung der Überlebenszeit kam.
Eine große Studie konnte zeigen, dass eine Verbesserung der Lebensqualität durch signifikante Minderung der Nebenwirkungen der Strahlen- und Chemotherapie erreicht werden konnte. Untersuchungen konnten die positive Wirkung proteolytischer Enzyme auf eine strahlentherapiebedingte Lungenveränderung (Fibrose) oder chemotherapiebedingte Lungenentzündung belegen. Ebenfalls war die therapiebedingte Immunsuppression (Verschlechterung der Immunabwehr) geringer. Lymphödembildung konnte bei verschiedenen Tumorarten reduziert werden. Auch Paravasate (unbeabsichtigter Chemotherapie-Medikamentenübertritt in das Gewebe bei Infusionen) heilten deutlich besser ab.
Wechselwirkungen bzgl. Strahlen- und Chemotherapie bestehen nicht. Auch können Enzyme bei Lymphomerkrankungen und Plasmozytom verabreicht werden. Im Gegensatz zu immunstimulierenden Therapien (z. B. Mistel) erhöhen sie signifikant die Ansprechrate einer Chemotherapie.
Die Toxizität von Bromelain ist gering. Mögliche Nebenwirkungen sind:
Daher besteht eine Kontraindikation bei verminderter Blutgerinnung oder geringer Blutplättchenzahl (Thrombozytopenie). Vor operativen Eingriffen sollte eine Einnahmepause erfolgen. Antikoagulantien, Aspirin und Angiogenesehemmer (Avastin®) sollten aufgrund vermehrter Blutungsneigung ebenfalls nicht in Kombination mit Bromelain gegeben werden. Fortgeschrittene Leber- und/oder Nierenfunktionsstörungen stellen ebenfalls eine Kontraindikation dar.
Bromelain sollte nüchtern, ca. 20–30 Min. vor einer Mahlzeit eingenommen werden, um eine optimale Aufnahme zu erreichen. Es sollten gleichzeitig keine anderen Medikamente eingenommen werden, da potenziell Wechselwirkungen auftreten können. Die Dosierung richtet sich nach der Indikation. In der Regel werden 400 mg als Tagesdosis verabreicht. Weitere Studien erfolgen, um den Stellenwert der Enzymtherapie zu bewerten.